Das Projekt „Bienenfresser in Sachsen-Anhalt"
Ein Artenschutzprojekt von besonderer Bedeutung


Aufgrund der hohen Verantwortung, welche das Land Sachsen-Anhalt durch die Konzentration von etwa 50 Prozent des bundesweiten Bestandes der Art trägt, startete der Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Sachsen-Anhalt e.V., in den Jahren 2006 und 2007 ein Artenschutzprojekt „Bienenfresser in Sachsen-Anhalt".
Mehr als 20 Ornithologen und Vogelberinger aus den Reihen des Naturschutzbundes (NABU) und des Ornithologenverbandes Sachsen-Anhalt e.V. (OSA) überprüften zwei Jahre lang alle potentiellen und bereits bekannten Brutplätze des Bienenfressers in Sachsen-Anhalt auf seine Anwesenheit.
Seit 1990 ist der Bienenfresser Brutvogel in Sachsen-Anhalt mit beständig wachsender Zahl von Brutplätzen und Brutpaaren. Während Ansiedlungen im äußersten Norden des Landes bislang nicht von Beständigkeit waren, fand die Art vor allem im Regenschatten des Harzes und im Saaletal günstige Voraussetzungen für eine dauerhafte Ansiedlung. Das Kerngebiet der derzeitigen Brutvorkommen, welches sich über die Landkreise Salzland, Mansfeld-Südharz und Saalekreis erstreckt, ist durch hohe Julitemperaturen, geringe Niederschläge sowie Höhenlagen zwischen 70 und 200 Meter üNN gekennzeichnet. Die nördliche Grenze der Verbreitung der Art befindet sich zur Zeit in Höhe der Colbitz-Letzlinger Heide.
Mit ca. 329 Brutpaaren, die 2007 in Sachsen-Anhalt brüteten, wurde ein neuer Landesrekord aufgestellt, nachdem der Brutbestand im Jahr 2006 aufgrund des schlechten Bruterfolgs im Jahr 2005 zwischenzeitlich leicht zurückgegangen war.
Im Rahmen des NABU-Artenschutzprojektes und eines Beringungsprogrammes wurden seit Anfang der 1990er Jahre bislang mehr als 2000 Bienenfresser in Sachsen-Anhalt mit speziellen Vogelringen der Vogelwarte Hiddensee individuell markiert. Durch den Wiederfang der Vögel in den Folgejahren konnten bereits zahlreiche neue Erkenntnisse zur Altersstruktur der Population, zu Geburtsort- und Brutplatztreue, zu Umsiedlungen und über die Zugwege gewonnen werden.
So konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass viele Alt- und Jungvögel über viele Jahre denselben Brutplatz nutzen. Diese Geburtsort- und Brutplatztreue ist ein Grund dafür, dass die Besiedelung weiterer potentieller Brutplätze nur sehr langsam vonstatten geht und die Größe der jeweiligen Kolonie sehr schnell zunehmen kann. Gleichzeitig stützt dies die Annahme, dass sich Artenschutz- und Pflegemaßnahmen an den Brutplätzen sehr positiv auf die künftige Entwicklung des Bestandes auswirken. Insbesondere Jungvögel sind aber auch in der Lage, neue Brutplätze zu erschließen. So konnten Umsiedlungsentfernungen zwischen 100 und 300 Kilometer nachgewiesen werden. Beispielsweise brüten heute sachsen-anhaltische Jungvögel in Sachsen und sogar in Rheinland-Pfalz!
Das bisherige Höchstalter eines sachsen-anhaltischen Bienenfressers betrug sieben Jahre. Die Mehrzahl der Brutvögel ist dagegen nicht älter als ein Jahr. Durch Beringung konnte belegt werden, dass die Tiere das Mittelmeer und vermutlich auch die Sahara überqueren, was eine gute körperliche Fitness voraussetzt. Die zahlreichen Verluste, welche die Art auf dem Zugweg erleidet, werden durch einen großen Anteil erfolgreicher Bruten und eine relativ hohe Jungenzahl ausgeglichen.
Das ermittelte geringe Durchschnittsalter der Brutvögel ist letztlich auch der Grund dafür, warum Brutansiedlungen oft nur von kurzer Dauer sind. Gelingt es den Vögeln im Ansiedlungsjahr nicht, für eine ausreichende Zahl an Nachkommen zu sorgen, bleibt der Brutplatz im Folgejahr möglicherweise verwaist. Umso wichtiger ist es, dass für ein ausreichendes Nahrungsangebot gesorgt ist, welches auch unter ungünstigen Witterungsverhältnissen ein Verhungern der Jungvögel verhindert.
Weitgehend ungeklärt ist bisher die Frage, woher die sich in den 1990er Jahren an mehreren Stellen Deutschlands plötzlich ansiedelnden Bienenfresser eigentlich stammten. Möglich ist eine südwest- oder südosteuropäische Herkunft. Nur mittels der Beringung wird man hier Licht ins Dunkel bringen.
Erste Hinweise liefern die Wiederfänge einiger zuvor in Sachsen-Anhalt beringter Jung- und Altvögel. Fernfunde in Italien und auf den Balearen sprechen möglicherweise für einen südwestlichen Zugweg ins westafrikanische Winterquartier. Die Kenntnis über den winterlichen Aufenthaltsort ist die Voraussetzung für mögliche Artenschutzprojekte im Winterquartier. Sind die Zugwege bekannt, kann auch die illegale Verfolgung der Art durch den Menschen eingedämmt werden.
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