Wolf und Bejagung
Warum die Aufnahme ins Jagdrecht keine Lösung ist
Der Wolf gehört zweifelsfrei zu den bekanntesten Heimkehrern Deutschlands. Einst durch Jagd aus unseren Breiten verschwunden, leben seit 2000 wieder Wölfe in Deutschland. Vor allem im Osten der Bundesrepublik haben sich mittlerweile vielerorts neue Rudel gebildet. Als Anhang-IV-Art der FFH-Richtlinien wird der Wolf dabei durch europäisches Recht streng geschützt. Ziel ist es, seinen Erhaltungszustand zu verbessern und so eine stabile deutsche Wolfspopulation zu etablieren.
Doch die steigende Verbreitung des Raubtieres birgt gewisse Probleme. So kommt es auch in Sachsen-Anhalt, wo seit 2008 wieder Wölfe leben, zu Konflikten mit Nutztierhaltern. Anschließend wird oft gefordert, den Wolf in das Jagdrecht aufzunehmen. Doch wie hilfreich wäre dieser Schritt?
Die Jagd nach dem Jäger
Einzeln betrachtet, hätte die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht kaum eine Wirkung. Da er nach europäischen Recht geschützt ist, wäre eine Jagd auch weiterhin nur in bestimmten Fällen möglich.
Doch nicht nur die Rechtslage ist fragwürdig. Da Nutztiere vor allem von einzelnen, wandernden Wölfen gerissen werden, ist eine Bestimmung selbst für Wolfskundige oft schwierg. Auf der Suche nach dem "schuldigen" Wolf, werden deshalb oft falsche Tiere abgeschossen. Dies schädigt die soziale Struktur des betroffenen Rudels massiv, während der eigentliche "Täter" weiterzieht.
Darüber hinaus existieren schon jetzt Ausnahmegenehmigungen, die erlauben auffällige Tiere mithilfe von Experten zu erlegen. Dazu gehören zum Beispiel bekannte Wölfe, die Herdenschutz wiederholt überwunden haben oder eine Gefahr für den Menschen darstellen könnten. Die Aufnahme ins Jagdrecht würde hier keinen Vorteil bringen. Stattdessen könnten Wolfsbestände wegen des deutschen Revierjagdsystems, bei dem ein Wolfsterritorium dem Revier mehrerer Jäger entspricht, schnell überjagt sein. Jagdpraxis aus anderen Ländern ist deshalb nur schwer übertragbar.
Wie Herdenschutz Tierhalter*innen helfen kann
Alles in allem ist eine vermehrte Bejagung nicht hilfreich, um Konflikte zwischen Mensch und Wolf zu lösen. Stattdessen sollte zunächst auf einen flächendeckenden und gründlichen Herdenschutz gesetzt werden. Das Wolfsmonitoring 2021/22 von Sachsen-Anhalt zeigt, dass in der Hälfte aller Nutztierrisse der wolfsabweisende Mindestschutz nicht vorhanden war. [1] Hier besteht noch immer großes Potential für Aufklärungs- und Präventionsarbeit. Die finanzielle Förderung von Herdenschutzmaßnahmen ist deshalb von besonders wichtig.
Darüber hinaus gibt es schon Ideen um Wölfe nicht-tödlich zu vergrämen. Erste Versuche waren erfolgreich und könnten in Zukunft besonders nützlich für den Umgang mit dem Wolf sein. [2]
Die aktuellen Berichte zeigen außerdem, dass es in Sachsen-Anhalt 2021/22 trotz steigender Wolfzahlen im Jahr weniger gerissene Nutztiere gab als im Vorjahr. Und das allgemeine Wachstum der Wolfspopulation wird zunehmend langsamer. [3] Erwartungsgemäß wird sich dieser Trend fortsetzen und eventuell sogar verstärken. Die oft befürchtete, unkontrollierte Vermehrung des Wolfes ist also unwahrscheinlich.
Literatur
[1] Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2022) Wolfsmonitoring Sachsen-Anhalt - Bericht zum Monitoringjahr 2021/22
[2] Gruppe Wolf Schweiz (2022) Erste wissenschaftliche Untersuchung aus Italien zeigt: Nicht-tödliche Vergrämung von Wölfen kann Risse massiv reduzieren
[3] Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (Stand: Dezember 2022) Wolfsvorkommen in Deutschland